Ungeduldig warte ich darauf aufgerufen zu werden. Im Gottesdienst sollen wir Leiter nochmal vor dem Camp ausgesegnet werden. Danach bin ich direkt auf dem Sprung, treffe mich mit Willy. Wir haben einen Hänger und ein Auto voll mit Material. Autobahn. Stau. Immer wieder. Ungeduld und Vorfreude vermischen sich. Nach 6h fahren wir auf das Gelände in Neufrankenroda, Thüringen. Riesige Straßenschilder heißen uns den Weg und uns willkommen. Yay! Bundescamp. Noch ist alles leer. Doch es bleibt der Eindruck, dass mit jeder Stunde mehr und mehr Ranger auf das Gelände strömen. Noch ist der erste Tag des Vorcamps, das Beste kommt ja erst noch. In den kommenden sechs Tagen gilt es die komplette Campinfrastruktur aufzubauen und alles für die Ankunft der anderen Ranger vorzubereiten. Die Burg (unser gemeinsamer Versammlungsort – Plätze für 15000 Ranger!) muss aufgebaut und geschmückt werden, Telefonkabel verlegen, Krankenhaus, Campbüro, Wache und Kaufhaus einrichten, Parkplätze einteilen, Dixiklos verteilen, Wasser anschließen und Duschen aufbauen, Holz verteilen, unseren Regionalbau – die Wittenberger Stadtkirche, wo Luther predigte – aufbauen, den Regionalplatz abmessen und für die Stämme aufteilen, unser Material abladen und erste Jurten aufbauen. Langsam wachsen überall riesige Bauwerke gen Himmel, mehr und mehr Fahnen werden gehisst und Zelte gebaut, lange Schlangen bei der Essensausgabe, bekannte Gesichter wiedertreffen. Noch ist alles recht entspannt, wenn die Kids kommen, geht es erst richtig los.

Am Freitag fahren hunderte Busse aus ganz Deutschland im Minutentakt auf das Gelände, Begeisterung, Vorfreude und jede Menge Erwartungen – neun Jahre haben wir auf diesen Moment gewartet. Doch zunächst ist der Aufbau dran, schließlich wollen wir hier eine Woche gemeinsam leben – es müssen Zelte, Feuerstellen, Werkzeugbereiche und Sitzgelegenheiten gebaut werden, dafür Unmengen an Stangen getragen, Bünde gebunden, Pfähle zurechtgeschnitten und angespitzt werden. Umso größer ist am Ende die Freude, sich ein kleines Zuhause gebaut zu haben und das erste Mal Feuer für das Essen zu entfachen.

Morgens nach dem Frühstück gibt es zunächst eine Teamzeit und anschließend eine Stammzeit, wo wir basteln, spielen, Andachten und Stammrunden haben, Bibel lesen oder schlicht mal Duschen gehen (natürlich nur kalt!). Tagsüber sind Marktzeiten – auf dem ganzen Gelände gibt es Marktstraßen mit unzähligen Workshops, die es auszuprobieren gilt, Schaukämpfen, Karussells (natürlich alles selbst aus Holz gebaut), Hindernisparcours, Kraft- und Mutproben (Axtwerfen!), Stempel zum Sammeln oder gewaltige und kreative Bauwerke zum Bestaunen. Wir sind die Gilde der Gaukler, ziehen also in unseren Verkleidungen los, um an Straßenecken und Kreuzungen Kunststücke, Zaubertricks und Akrobatik vorzuführen – deum mundumque delectare. Nach dem Abendessen geht es in die Burg – eine große Arena, wo doch tatsächlich alle Teilnehmer reinpassen. Auf einer großen Bühne und zwei Leinwänden können wir nach dem Vorprogramm, ein Theaterstück über die Zeit Luthers (das Campthema war ja ‚Aufbruch‘) bestaunen, gemeinsam Lobpreis machen (nur springen war leider nicht erlaubt, zu viele Menschen:-), und den Andachten lauschen. Campalltag stellt sich ein, wir fühlen uns wohl, so könnte es immer bleiben. Herrlich.

Die schiere Größe des Ganzen lädt zum Staunen ein – 15000 Ranger, über mehr als 2000 Feuern wurde gekocht, täglich gab es mehr als 45000 Brötchen, 5000l Milch und 350.000l Wasser, insgesamt wurden 250.000m Holz verbaut. Kaum vorstellbar. Auf einem Aussichtsturm konnte man über’s Campgelände schauen – wohin das Auge reicht Zelte!

Zu den Höhepunkten zählten der Besuch Richard Breites bei unserem Stamm (der vor 30 Jahren mit der Rangerarbeit in Deutschland begonnen hat); ConSpirito; die bewegenden Abendveranstaltungen; persönliche Entscheidungen und persönliches Erleben für/von Gott; gemeinsames Singen am Feuer, während draußen ein schweres Unwetter tobt und das halbe Camp untergeht; unsere Gauklereivorführungen; die gemeinsame Zeit in den Teams; und das Rangerleben halt – warum sollte man hier wieder weg wollen?